Überbewertet oder unterbewertet? – Was steckt wirklich hinter dem Aufschwung von XRP?

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Das Eigenkapital des Krypto-Zahlungsdienstleisters Ripple, dem Herausgeber der kontroversen Kryptowährung XRP, wird auf dem Sekundärmarkt derzeit zu einem Gesamtwert von 2 Mrd. bis 3 Mrd. US-Dollar gehandelt. Dieser ergibt sich aus der Gesamtheit der Firmenanteile (Aktien) des Unternehmens, das allerdings nicht an der Börse notiert ist, weshalb der tatsächliche Marktwert nur auf indirektem Weg bestimmt werden kann.

Die verbleibenden XRP-Vermögen, die Ripple derzeit noch hält, haben zurzeit allerdings einen Gegenwert von 70 Mrd. US-Dollar. Diese beträchtliche Diskrepanz wirft in der Kryptobranche nun die Frage auf, ob Ripple bzw. XRP grob unterbewertet oder überbewertet sind.

Der Krypto-Investor Michael Novogratz, der als Geschäftsführer von Galaxy Digital tätig ist, regte die entsprechende Debatte jüngst auf Twitter an:

„Das Eigenkapital von Ripple wird auf dem Sekundärmarkt für 2 – 3 Mrd. US-Dollar gehandelt. Das übrige XRP-Vermögen der Firma beläuft sich bei aktuellem Kurs hingegen auf knapp 70 Mrd. US-Dollar. Einer dieser beiden Werte kann also nicht stimmen. Wenn der Wert der XRP stimmt, dann ist das Eigenkapital verdammt unterbewertet, aber falls die Bewertung des Eigenkapitals richtig ist, dann ist der XRP-Kurs deutlich zu hoch. Wie seht ihr das?“

Überbewertet oder unterbewertet?

Der Krypto-Experte Leonidas Hadjiloizou gibt zu bedenken, dass die XRP-Vermögen von Ripple auf Treuhandkonten liegen, und deshalb wohl nicht als Eigenkapital berücksichtigt werden. Erst sobald bestimmte Konditionen erfüllt sind, werden diese Währungseinheiten automatisch und direkt für den Kryptomarkt freigegeben.

Dahingehend führt er aus:

„Knapp 62 Mrd. US-Dollar der XRP, die in der Bilanz von Ripple stehen, befinden sich in Treuhand. Zugleich ist der Verkauf von XRP Gegenstand der Klage der amerikanischen Börsenaufsicht gegen Ripple, was es wahrscheinlich macht, dass die XRP-Vermögen aus diesen Gründen nicht mit einberechnet wurden.“

In der Tat hatte Ripple im Dezember 2017 bekanntgegeben, dass die firmeneigenen XRP-Gelder auf Treuhandkonten eingelagert werden, die über 55 Monate automatisch jeweils monatlich eine Milliarde XRP für den Markt freigeben.

So hatte das Krypto-Unternehmen damals erklärt:

„Die treuhänderische Verwaltung geschieht über unabhängige Treuhandkonten, die über einen Zeitraum von 55 Monaten jeweils eine Milliarde XRP pro Monat freigeben. Dadurch gibt es eine feste Obergrenze für die verfügbare Umlaufmenge. Die tatsächlich zirkulierende Umlaufmenge wird wahrscheinlich viel geringer sind.“

Dieser Logik folgend wäre das Eigenkapital bzw. die Aktie von Ripple derzeit stark unterbewertet, sofern die betreffenden XRP aus den Treuhandkonten weiter in den Markt gespült werden, und der XRP-Kurs zumindest nicht sinkt.

Die Frage nach dem tatsächlichen Marktwert von Ripple kam in den jüngsten Wochen auf, als die firmeneigene Kryptowährung plötzlich eine unerwartete Kletterpartie weit über 1 US-Dollar hingelegt hat, obwohl die Klage der Börsenaufsicht SEC weiterhin andauert.

XRP-Kursdiagramm (Bitstamp). Quelle: TradingView.com

Nichtsdestotrotz ist XRP seit dem 1. April von 0,57 US-Dollar auf ein zwischenzeitliches Hoch von 1,49 US-Dollar gestiegen, was einen satten Zuwachs von 160 % bedeutet.

Was steckt wirklich hinter dem Aufschwung?

Die Hauptursache für diese dramatische Kletterpartie sind wahrscheinlich die ersten Teilerfolge, die Ripple vor Gericht gegen die Börsenaufsicht erzielt hat. Einerseits haben die Ripple-Anwälte Zugang zu internen Dokumenten der SEC erhalten, was deren Vorgehen bei der Einstufung von Kryptowährungen angeht, andererseits wurde der Wunsch der Behörde abgelehnt, Einsicht in die privaten Finanzunterlagen von Geschäftsführer Garlinghouse und Mitgründer Larsen zu bekommen.

Ein weiterer Grund, der allerdings nichts mit diesen positiven Entwicklungen zu tun hat, könnte die allgemeine Wechselwirkung zwischen Bitcoin (BTC) und den alternativen Kryptowährungen (Altcoins) sein, zu denen auch XRP gehört. Besonders immer dann, wenn sich Bitcoin seitwärts bewegt, wie zuletzt über mehrere Wochen der Fall, weichen Investoren auf Altcoins aus, was diesen die Gelegenheit gibt, nachzuziehen.

Kelvin Koh von der Spartan Group, einer der größten asiatischen DeFi-Investmentfonds, erklärt in diesem Zusammenhang, dass allen voran große Investmentfonds, die auf Quantitatives Trading spezialisiert sind, oftmals die Wechselwirkung zwischen Bitcoin und führenden Altcoins für sich ausnutzen.

Dementsprechend verschieben diese Fonds in regelmäßigen Abständen Geld von Bitcoin in Altcoins und wieder zurück. So meint Koh:

„Der Grund, warum es für Bitcoin und die Altcoins in regelmäßigen Abständen hoch und wieder runter geht, ist dass es große Quant-Investmentfonds gibt, die die Wechselwirkung zwischen Bitcoin und bestimmten Altcoins ausnutzen. Jedes Mal, wenn diese Altcoins im Vergleich zu Bitcoin günstig sind, verschieben sie Geld in diese. Sobald die Altcoins dann wieder teuer sind, gehen sie zurück in Bitcoin. Die Fundamentaldaten spielen dabei gar keine Rolle, also sollte man nicht zu sehr versuchen, in diese Kursentwicklungen etwas hineinzuinterpretieren. Diese Strategie hat sich im Laufe der Zeit als effektiv erwiesen, weshalb viele Fondsmanager einfach wieder und wieder nach diesem Muster verfahren.“

Ob die rasante Rallye von XRP also wirklich nur das pure Resultat des sich wendenden Blatts im Streit mit der SEC ist, oder ob das Wechselspiel mit der längeren Seitwärtsbewegung von Bitcoin maßgeblichen Anteil daran hat, kann schlussendlich nicht genau beziffert werden. Es ist wohl davon auszugehen, dass beide Effekte für Auftrieb gesorgt haben. Wie nachhaltig dieser Höhenflug ist, bleibt abzuwarten.



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