Kann sich BCH nach dem Millionen-Hack wieder erholen?

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Hinter jedem Krypto-Token steht eine kleine Armee glühender Anhänger. Für viele ist die einzige Kryptowährung, die eine solche entschlossene Unterstützung verdient, Bitcoin (BTC). Aber was ist Bitcoin wirklich, worin besteht sein Zweck und wie kann man die Kryptwowährung am besten optimieren?

Uneinigkeit bei der Beantwortung dieser Fragen führte zur Gründung von Bitcoin Cash (BCH), dem bislang erfolgreichsten Ableger von Bitcoin. Für einige stellt BCH die Antwort auf die Probleme von Kryptowährungen dar. Die Coin hatte in den letzten Monaten allerdings auch einige bedeutende Probleme. Von einem Multimillionen-Dollar-Hack bis hin zum Vorschlag einer Mining-Steuert steht die BCH-Community wie nie zuvor vor einer Zerreißprobe.

Bitcoin Cash: Von Natur aus spaltend

Bitcoin wurde in seiner ursprünglichen Form von einer mysteriösen Person erfunden, welche lediglich unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto bekannt ist. Von einem ehrgeizigen Projekt, das in libertären und Cypherpunk-Kreisen entstand rund um  Bitcoin nach und nach eine eigenständige globale Finanzindustrie. Während der Weiterentwicklung von Bitcoin kam es jedoch zu Auseinandersetzungen über die einzuschlagende Richtung wegen Uneinigkeit über grundlegende  Parameter der Technologie.

Skalierbarkeit zählt zu den grundlegendsten Problemen jeder Kryptowährung. Bitcoin ist zwar die größte und bekannteste Kryptowährung, hat aber immer noch mit den gleichen Skalierbarkeitsproblemen zu kämpfen. Die Blockgröße von Bitcoin war auf 1 Megabyte begrenzt worden. Dieses Limit verursacht inzwischen jedoch lange Transaktionszeiten. Die Gesamtzahlder pro Block möglichen Transaktionen werden dadurch stark eingeschränkt.

Dann kam BCH ins Spiel. Die Entwickler veränderten die Blockgröße von 1 MB auf 8 MB  und hofften, dass dies die Anzahl der Transaktionen pro Sekunde erhöhen würde, um mit Zahlungstitanen wie PayPal und Visa konkurrieren zu können. Die Anpassung führte aber auch zu Differenzen. Der Knackpunkt des Problems lag in der Frage, was die Leute als den eigentlichen Zweck von Bitcoin ansehen. Für diejenigen, die glauben, dass Bitcoin ein Wertaufbewahrungsmittel ist, sind langsamere Transaktionszeiten kein großes Problem. Wer Bitcoin allerdings Bitcoin als Zahlungsmittel betrachtet, für den ist die Reduzierung der Verarbeitungsgeschwindigkeit und der Kosten – und damit die Maximierung der praktischen Anwendbarkeit – von größter Bedeutung.

Bitcoin Cash wurde im Jahr 2017 von Roger Ver gestartet. Ein flüchtiger Blick durch Twitter-Konten mit Krypto-Bezug zeigt, dass die vehementen Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Bitcoin-Lagern weiter fortbestehen. Der Streit beschränkt sich dabei aber nicht auf den Hauptzweck von Bitcoin. Jedes neue Kryptoprojekt steht nicht nur vor neuen Sicherheitsfragen, sondern auch vor der Herausforderung, den Idealen seiner jeweiligen Schöpfer gerecht zu werden. Und wie die letzten Wochen gezeigt haben, ist das bei BCH nicht anders.

Ver über den BCH-Hack

Investments in Kryptowährung gelten als besonders risikoreich. Auch wenn die Sicherheit immer weiter zunimmt, sind Investoren immer noch einem erheblichen Risiko durch Hackerangriffe ausgesetzt. In der Krypto-Welt kommt es fast jede Woche zu einem hochkarätigen Hack, und selbst die erfahrensten Investoren sind vor Cyberkriminellen nicht sicher. Anfang dieser Woche stand BCH wieder im Rampenlicht, nachdem ein Angreifer bei einem Wallet-Hack 30 Millionen US-Dollar in Form von Kryptowährung von einem prominenten Investor erbeutete.

Nachdem zunächst nur Gerüchte über das angebliche Opfer des Multimillionen-Dollar-Hacks kursierten, enthüllte ein inzwischen gelöschter Reddit-Beitrag vom 22. Februar, dass es sich dabei um Josh Jones, den Gründer der Webhosting-Firma Dreamhost, handelt. Der Hacker hatte offenbar Jones‘ SIM-Karte kompromittiert. Es ist jedoch noch nicht bekannt, ob dies das Ergebnis eines so genannten „SIM-Swaps“ war. In dem gelöschten Reddit-Beitrag bat Jones um Hilfe und forderte BCH-Miner dazu auf, die entsprechenden Transaktionen nicht zu validieren:

„Es hat nur 3 Bestätigungen gegeben. Wenn irgendwelche Miner/die Community irgendwie helfen können, habe ich die privaten Schlüssel. Hilfe Hilfe Hilfe… Es gibt natürlich eine große Belohnung.“

Hacks kommen in der Krypto-Welt bedrückend häufig vor. Wenn ein solcher gezielter Angriff bei einer der bekanntesten Kryptowährungen Millionen von Dollar erbeutet, führt dies natürlich auf höchster Ebene zu Aufmerksamkeit – wenn auch vielleicht nicht aus den offensichtlichen Gründen. In einem Exklusiv-Interview mit Cointelegraph konnte Ver auch Positives über den Vorfall berichten:

„Hier ist jemand, der mindestens 45 Millionen US-Dollar wert ist, der sich dafür entscheidet, den Großteil davon in Bitcoin Cash zu halten, und nicht in dem, was heute alle als Bitcoin bezeichnen. Das ist also ein wirklich, wirklich optimistisches Zeichen für Bitcoin Cash – dass jemand mit so viel Geld es in Bitcoin Cash und nicht in gleicher Höhe in Bitcoin, BTC, aufbewahrt. Das ist eine wirklich, wirklich große Sache“.

Vers Enthusiasmus beschränkte sich dabei nicht alleine auf den Fakt, dass Jones in eine so große Menge von BCH investiert hatte. Ver sagte gegenüber Cointelegraph, dass der Angriff positive Auswirkungen auf die Kryptowährung haben könnte. Deren Wert sei hoch genug, um Kriminelle anzlocken:

„Die Tatsache, dass Hacker bereit sind, Bitcoin Cash zu stehlen, bedeutet, dass es etwas Wertvolles ist, was einen Diebstahl wert ist. Wenn es nicht wertvoll wäre und es sich nicht lohnen würde, würden Hacker nicht versuchen, es zu stehlen.“ 

Ver zeigte sich nicht gerade begeistert von Jones‘ Bemühungen, die gestohlenen Gelder zurückzuholen. Wie er zugab, hält er die Unmöglichkeit der Wiederbeschaffung für die intrinsische Natur von Kryptowährungen. Gegenüber Cointelegraph räumte Ver ein, dass man in dem Fall nichts tun könne:

„Nein, und ich wünschte, es gäbe sie in gewissem Umfang. Aber auf der anderen Seite ist das irgendwie der ganze Sinn von Kryptowährungen – dass die Transaktionen unumkehrbar sind.“

Ver mag zwar keine klugen Ratschläge für das Opfer des Angriffs haben, schien dem Hacker aber gleichzeitig unbeabsichtigterweise Tipps zu geben, wie dieser einer Strafverfolgung entgehen kann:

„Tatsache ist, dass wirklich niemand etwas tun kann, es sei denn, der Hacker ist dumm genug, die  Coins direkt in eine Börse einzuzahlen, ohne sie durch irgendein Tool zu schicken. Etwas wie, Sie wissen schon, CoinShuffle oder CashFusion für Bitcoin Cash. Es gibt viele coole Tools für Bitcoin Cash, die das ermöglichen. In diesem Fall ist es ein wenig traurig, dass diese Tools dazu benutzt werden, einem Hacker zu helfen.

Twitter-Nutzer diskutieren Folgen für BCH

Dovey Wan, Gründungspartnerin des Krypto-Asset-Fonds Primitive Crypto und lautstarke Twitter-Kommentatorin, war mit Kommentaren über den Multimillionen-Dollar-Hack schnell zur Stelle. So war Jones‘ später gelöschte Reddit-Beitrag Wans Adlerauge nicht entgangen, den sie noch rechtzeitig mit einem Screenshot verewigte. Wan fügte den Beitrag in einem Thread hinzu und kritisierte ihn dafür, eine so große Menge an Kryptowährung in einer mobil zugänglichen Wallet aufbewahrt zu haben.

Wans pointierte Kritik beschränkte sich jedoch nicht allein auf Jones. Sie äußerte die Vermutung, der Hacker sei wahrscheinlich dabei, die gestohlenen Gelder aufzuteilen, um diese dann leichter auf Kryptobörsen verkaufen zu können.

Wan deutete ebenfalls an, der Hack könne schlimme Folgen für BCH haben. Nur eine doppelte Ausgabe könne diesem armen Kerl jetzt noch helfen. Sie twitterte außerdem, der Hack, könne in Verbindung mit einem nicht näher spezifizierten Streit zwischen Ver und dem Bitmain-CEO Jihan Wu einen „langsamen Tod“ für die Kryptowährung herbeiführen.

Entspricht die Sicherheit in der Kryptotechnik den Anforderungen?

Der BCH-Hack bringt das Thema Sicherheit wieder in den Vordergrund. Wan schien den mobilen Charakter von Jones‘ Wallet zu kritisieren, welche laut Pavel Pokrovsky, dem Leiter des Sicherheitsteams von Kaspersky, aber nicht von Natur aus riskant sein müssen. Es komme vielmehr auf deren Implementierung an, so Pokrovsky:

„Normalerweise können Wallets, die von größeren Krypto-Unternehmen entwickelt wurden, die Sicherheitsbewertungen bestanden haben, als vertrauenswürdiger angesehen werden als Brieftaschen, die von Einzelpersonen entwickelt wurden. Häufig haben wir es mit Phishing-Fällen zu tun, wenn die Brieftaschenanwendungen speziell mit dem Ziel entwickelt wurden, Gelder zu stehlen. Es kommt auch zu gezielten Angriffen, obwohl diese nicht speziell mit mobilen Wallets in Verbindung stehen“.

Pokrowski glaubt zwar nicht, dass die mobile Natur der Brieftasche für den Hack verantwortlich ist, aber er gab gegenüber Cointelegraph zu, dass der BCH-Hack ungewöhnlich war, und fügte hinzu: „Diese Situation sollte gründlicher untersucht werden. Es könnte sich zum Beispiel um einen Fall handeln, bei dem Gelder auf einer aufgegebenen Brieftasche aufbewahrt wurden oder Gegenstand eines gezielten Angriffs waren“. Pokrovsky erklärte gegenüber Cointelegraph, Jones sei möglicherweise von Hackern ins Visier genommen worden, da seine SIM-Karte Berichten zufolge kompromittiert worden war.

„In diesem Fall geben einige Quellen an, es habe ein SIM-Tausch stattgefunden. Wenn dies der Fall war, dann war das Opfer höchstwahrscheinlich einem gezielten Angriff ausgesetzt. Jemand wusste, dass seine Brieftasche mit einer bestimmten Telefonnummer verbunden war und arrangierte einen Betrug durch einen SIM-Austausch. Auch hier gilt: Sollte dies der Fall sein, hätte es leicht verhindert werden können, indem man Gelder in einem Cold Waller, z.B. in einem Paier-Wallet aufbewahrt hätte.

Obwohl im gesamten Sektor Anstrengungen unternommen zur Verbesserung der Sicherheit unternommen werden, passen sich die Fähigkeiten der Cyberkriminellen kontinuierlich an. Pokrovsky sagte gegenüber Cointelegraph, dass sie aufgrund ihrer digitalen Natur und solange der Wert von Kryptowährungen weiter zunehme, diese mit vielen der gleichen Sicherheitsproblemen konfrontiert sein werden wie die klassische Finanzindustrie. Trotz der Sicherheitsprobleme des Sektors ist Pokrovsky allerdings der Ansicht, dass BCH nicht leichter zu stehlen sei als andere Kryptowährungen:

„Die BCH basiert auf den gleichen Prinzipien wie BTC. Das verletzlichste Element ist immer noch der Mensch. In diesem Fall, wenn es tatsächlich ein SIM-bezogener Diebstahl war, hätte es jede beliebige Kryptowährung sein können: BTC, ETH, etc.“

Mining-Steuern für BCH?

Man sagt, dass nur zwei Dinge im Leben sicher sind: Tod und Steuern. Während es wahrscheinlich ist, dass Investoren des BCH noch einen weiteren Tag erleben werden, klopfte das „Finanzamt“ deutlich früher als erwartet an. Im vergangenen Monat schlugen führende Persönlichkeiten aus dem BCH-Bereich vor, darunter Jihan Wu und Roger Ver, eine Mining-Steuer in Höhe von 12,5 % einzuführen.

Der am 22. Januar veröffentlichte „Plan zur Finanzierung der Infrastruktur“ sieht vor, dass ein Prozentsatz der Belohnungen für Mining an eine in Hongkong ansässige Einheit geht. Die mitunterzeichnenden Entitäten kamen auf einen Anteil von 27% aller Hash-Raten. Der umstrittenste Aspekt des Vorschlags war dessen Ziel, nicht konforme Miner durch die Entfernung von Blöcken aus der Kette zu werfen.

Die Pläne für die Mining-Steuer führte umgehend zur Kritik einiger hochrangiger Persönlichkeiten. Brad Mills, ein Kryptokommentator und Partner bei Xsquared Ventures, kritisierte  in einem Tweet vom 23. Januar Ver und einige angebliche Mängel von BCH – darunter dessen fehlende Dezentralisierung und mangelnde Sicherheit:

„Vor [ein paar Monaten] kündigte Roger einen riesigen BCash-Fonds an. Ich wusste, dass es einen Haken gibt. Heute hat Roger eine Steuer von 12,5% auf BCH erhoben! Roger ist zu dem & noch etwas Schlimmerem geworden als das, was er Blockstream 2016/2017 vorgeworfen hatte. Steuern, Checkpoints, EDA, Zentralisierung, Angriffe auf 51%. BCash ist NICHT Bitcoin“.

Nur vier Tage später distanzierte sich Ver von der umstrittenen Steuerinitiative in einer Erklärung auf Bitcoin.com, in der er die vorgeschlagene Steuer rundweg ablehnte, bis grundlegende Änderungen vorgenommen werden würden: „So wie es jetzt aussieht, wird Bitcoin.com keinen Plan unterstützen, es sei denn, es gibt mehr Übereinstimmung im Ökosystem, so dass das Risiko einer Kettenspaltung vernachlässigbar ist.

Zwar räumte Bitcoin.com die Gegenreaktion der Crypto-Community ein, in einem Beitrag wurde allerdings angedeutet, dass irgendwann Änderungen vorgenommen werden müssten: „Die Finanzierung von Entwicklern ist ein wichtiges Problem, das es zu lösen gilt, und ein geeigneter Finanzierungsmechanismus wird dazu beitragen, dass Bitcoin Cash weiterhin als schnelles, zuverlässiges Bargeld für die Welt wächst“. Der Beitrag endete mit einem Aufruf zur Flexibilität hinsichtlich der Art und Weise, wie man zu einer effektiven, dauerhaften Lösung kommen könnte:

„Ein dauerhafter Vorschlag wäre in Wirklichkeit ein Freibrief für die Weiterentwicklung und würde einen Anreiz für ‚Entwicklung um der Entwicklung willen‘ bieten, was dem Zweck von der Spendensammlungen widersprechen würde, […] schnelles, zuverlässiges, digitales Geld auf der Grundlage eines stabilen, weitgehend unveränderlichen, wirtschaftlich rationalen Bitcoin-Protokolls zu schaffen.

Wie geht es mit BCH weiter?

Für die Investoren in der BCH-Gemeinschaft war dies zweifellos ein turbulenter Monat. Token liegt weiterhin fest im roten Bereich, obwohl dies teilweise auf die Instabilität zurückzuführen ist, die derzeit auf den globalen Märkten aufgrund der weltweiten Auswirkungen des Coronavirus zu beobachten ist.

Die Community mag Vers Distanzierung von der Mining-Steuer für einen kleinen Sieg gehalten haben. Wer jedoch zwischen den Zeilen liest, wird feststellen müssen, dass die Probleme im Zusammenhang mit dem Ökosystemabkommen gelöst werden müssen.

Unabhängig davon, ob der 30-Millionen-Dollar-Hack speziell auf BCH oder Jones selbst abzielte, ist das Vertrauen in die Coin erschüttert worden und dürfte bei dem Preisrückgang von 23%, den BCH diese Woche erlitt, eine Rolle gespielt haben. Wie neuere Analysen zeigen, dürften die Bullen versuchen, den Token bis auf 360 Dollar zu drücken. Ob die Bullen dies abwehren können und die Investoren wieder in der Lage sein werden, ihr Gewicht hinter die umkämpfte Kryptowährung zu legen, bleibt abzuwarten.



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