Doch nicht so neutral? – Coinbase CEO wird nach kontroversem Tweet Heuchelei vorgeworfen

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Weniger als einen Monat nachdem Coinbase CEO Brian Armstrong gefordert hatte, dass die Belegschaft seiner Kryptobörse „laserscharf auf die Erreichung des Unternehmensziels konzentriert sein sollte“, anstatt sich im Firmenalltag mit politischen Themen auseinanderzusetzen, verstößt der Geschäftsführer nun scheinbar gegen seinen eigenen Appell.

So hat Armstrong am 23. Oktober von seinem persönlichen Twitter-Konto einen Link zu einem Blogeintrag von Rob Rhinehart gepostet, der sich mit der Präsidentschaftskandidatur des Rappers Kanye West auseinandersetzt. Den kontroversen Artikel bezeichnet Armstrong als „episch“ und darüber hinaus wurde sein Tweet auch noch während der Arbeitszeit abgesetzt.

Das Twitter-Konto von Rhinehart ist aus unbekannten Gründen inzwischen nicht mehr erreichbar, wobei angenommen werden kann, dass dieser Umstand darauf zurückzuführen ist, dass sein Artikel wirr geschrieben ist und mehrere Falschaussagen beinhaltet. Selbst wenn es sich bei dem Beitrag um Satire handelt, wie einige Stimmen bereits vermuten, bleibt ein fader Beigeschmack.

Zu den im Artikel verbreiteten Lügen gehört die Behauptung, dass der Sohn von Joe Biden, dem Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei, Suizid begangen hätte. In Wahrheit ist Beau Biden 2015 jedoch an Krebs verstorben. Allein eine solche Falschaussage könnte reichen, um von Twitter gesperrt zu werden, denn das soziale Netzwerk hatte jüngst selbst das Konto der New York Post vorübergehend gesperrt, als diese Unwahrheiten über Hunter Biden verbreitet hatte.

Doch es sind nicht nur die kontroversen Inhalte des Artikels „Warum ich Kanye West wähle“, die der Krypto-Community sauer aufstoßen, sondern vielmehr die Tatsache, dass Armstrong damit seine angepriesene politische Neutralität selbst torpediert.

Schlechtes Urteilsvermögen vom Coinbase Chef?

Erst im September hatte Armstrong einen umstrittenen Blogeintrag veröffentlicht, in dem er mit Nachdruck darauf hinwies, dass es nicht Gegenstand des Unternehmensziels von Coinbase sei „intern für politische Themen oder Kandidaten zu werben, die nichts mit dem eigenen Unternehmensziel zu tun haben oder von diesem ablenken“.

„Wir dürfen nicht über politische Themen und Kandidaten diskutieren, die nichts mit unserer Arbeit zu tun haben“, wie Armstrong dementsprechend forderte. Zudem sollten die Mitarbeiter von Coinbase „nicht erwarten, dass die Firma ihre persönlichen Überzeugungen nach außen vertritt“.

Nach dem jüngsten Tweet von Armstrong wirft die Krypto-Community dem Coinbase CEO nun Heuchelei vor, da er damit einerseits sehr wohl öffentlich politisch Stellung bezogen hat und dies andererseits auch noch während der Arbeitszeit getan hat. Letztere Vermutung stützt sich auf die Annahme, dass Armstrong ähnliche Arbeitszeiten wie seine Belegschaft hat.

„Diesen Artikel als ‚episch‘ zu bezeichnen, zeugt von ganz schlechtem Urteilsvermögen“, wie Josh Elman aus dem Vorstand der Investmentfirma Greylock Partners meint, denn dieser sei „gefüllt mit Propaganda, Falschaussagen und bloßem Quatsch“.

Dementsprechend hart fällt sein Urteil gegenüber Armstrong aus:

„Vertrauen in das Urteilsvermögen von Führungspersönlichkeiten (auch, wenn wir ihre Entscheidungen nicht gutheißen) ist sehr wichtig, vom Geschäftsführer bis hin zu Präsidenten. Und so etwas untergräbt das Vertrauen in dich.“

Andere Twitter-Nutzer vermuten wiederum, dass der Eintrag von Armstrong sarkastisch gemeint war.

„Dieser Artikel ist doch Satire oder etwa nicht? Wenn nicht, dann ist das der dümmste Fake-News Quatsch, den ich je gesehen habe“, so der Twitter-Nutzer jray. Und weiter: „Es wäre mir geradezu peinlich, für jemanden zu arbeiten, der das hier wirklich glaubt.“

Ironischer Weise ist die Aufregung um den Tweet von Armstrong genau das, was dieser mit seinem Aufruf zur „politischen Neutralität“ von Coinbase vermeiden wollte.

„Der Übergang zwischen moralischen Fragen und Politik verläuft fließend. Wir könnten unseren Arbeitstag damit ausfüllen, dass wir die Probleme der Welt diskutieren, aber das würde weder dem Unternehmen noch unseren Eigeninteressen als Mitarbeiter und Teilhaber zugutekommen.“

Sechzig Coinbase Mitarbeiter bzw. knapp 5 % der Belegschaft haben nach der Aufforderung von Armstrong die Kryptobörse verlassen. Armstrong hatte in einer Betriebsversammlung vom 1. Oktober behauptet, dass eine „schweigende Mehrheit“ die politisch neutrale Haltung der Firma befürwortet. Allerdings sehen sich einige Mitarbeiter dadurch in ihrer freien Meinungsäußerung eingeschränkt, da das Unternehmen bestimmte politische Nachrichten aus dem internen Messenger-Service gelöscht hat.

„Wenn deine ‚keine Politik bei der Arbeit‘ Regel nicht schon die schlauen Leute aus deiner Firma vertrieben hat, dann erreichst du das aber ziemlich sicher damit, dass du dieses idiotische Geschreibsel als ‚episch‘ bezeichnest“, wie Twitter-Nutzer Gleb Bahmutov angesichts des Tweets von Armstrong feststellt.



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