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Deutschland hat momentan ein sehr vielfältiges und aktives Blockchain-Ökosystem von Unternehmen und Enthusiasten, vor allem in der Stadt Berlin. Und den wichtigen Schritt in der Entwicklung des Ökosystems hat die Bundesregierung selbst gemacht. Sie will das lebendige Blockchain-Ökosystem erhalten und fördern, um sein Wachstum fortzusetzen und Deutschland zu einer attraktiven Chance für Investitionen in diesem Bereich zu machen.
Umfangreiche und gesunde Regulierung
Um dieses Ziel zu fördern, verabschiedete die deutsche Regierung bereits im September 2019 eine nationale Blockchain-Strategie, um das Engagement für den Einsatz der Technologie zu unterstützen. Die darin enthaltenen 44 einzelnen Maßnahmen sollen bis Ende 2021 von insgesamt zehn Bundesministerien verwirklicht werden. Genau ein Jahr später, wie aus der veröffentlichten Auswertung des Digitalverbands Bitkom hervorgeht, war die Realisierung von 17 Maßnahmen bereits sehr weit fortgeschritten, 20 waren noch in Arbeit und bei 7 Maßnahmen ist bisher nichts passiert.
Die Umsetzung dieser Blockchain-Strategie sowie der 4. EU-Geldwäscherichtlinie durch den deutschen Gesetzgeber hat weitreichende Folgen für Blockchain-Startups, Fintechs, Banken, Kryptobörsen und Industrieunternehmen. Die Verwahrung von Krypto-Assets – und damit auch deren Handel – bedarf seit 1. Januar 2020 einer Lizenz der Finanzaufsicht BaFin. Diese Lizenz gilt für alle Unternehmen, die Krypto-Assets wie Bitcoin und Ether verwahren oder handeln, vom Krypto-Verwahrungs-Anbieter bis hin zu Kryptobörsen. Somit unterliegt der Umgang mit Krypto-Assets in Deutschland ab 2020 hohen regulatorischen Anforderungen und Standards, die bereits seit Jahrzehnten auf den traditionellen Kapitalmärkten gelten.
Zu den wichtigsten regulatorischen Maßnahmen dieses Jahres gehört auch das im Dezember von dem Bundeskabinett beschlossene Gesetz zur zur Ausgabe von elektronischen Wertpapieren. Wertpapiere können demnach in Deutschland künftig auch rein elektronisch ausgeben werden.
Noch ein wichtiger Schritt in Richtung Regulierung: die EU-Kommission legte im September Gesetzesvorschläge zu Krypto-Werten vor. Die „Verordnung über Märkte für Krypto-Werte“ (Regulation on Markets in Crypto Assets – MiCA) soll 2022 in Kraft treten sowie europaweit Rechtsklarheit und -sicherheit für Emittenten und Anbieter von Krypto-Werten schaffen.
Momentan und bis zum Inkrafttreten der MiCA-Regulierung müssen Unternehmen ihr internationales Geschäftsmodell häufig für jeden EU-Mitgliedstaat einzeln anpassen, was zu hohen Kosten führen kann. Eine einheitliche, europaweite Verordnung wie die MiCA-Regulierung verringert die Komplexität und Unsicherheit für Krypto-Dienstleister und verbessert die Chancengleichheit der Marktteilnehmer.
Solche umfangreichen Regulierungen kann für Startups eine große Herausforderung sein, bietet aber auch Chancen hinsichtlich der Professionalisierung des gesamten Krypto-Ökosystems. Wer glaubt, die Regulierung sei eine Art “Stopp-Schild” für Kryptowährungen, Stablecoins und Kryptobörsen, irrt sich. Stattdessen wird die regulatorische Grundlage in Deutschland so konzipiert, dass Kryptowerte gleichberechtigt neben den bestehenden Finanzprodukten eingeordnet sind. Unprofessionelle Startups und unseriöse Anbieter werden hierdurch aus dem deutschen Markt verdrängt. Gut aufgestellte Startups werden Lösungen finden und sich weiterentwickeln.
Anstieg der Finanzdienstleistungen im Krypto-Bereich
Vor allem erleichtern die neuen Regeln die Investition in Krypto-Assets, was zu einem Boom der Finanzdienstleistungen führte. Mehrere Unternehmen und Banken haben die entsprechende technische Infrastruktur für den professionellen Handel mit Bitcoin und anderen Krypto-Assets aufgebaut.
Das führte im Jahr 2020 zu einem verstärkten und differenzierteren Angebot rund um digitale Vermögenswerte. Zu den Finanzdienstleistungen im Krypto-Segment gehören zum Beispiel Instrumente, die den Bitcoin-Kurs abbilden, oder Marktplätze für Kleinanleger. Nun entstehen voll regulierte Handelsplätze für professionelle Anleger wie Börse Stuttgart Digital Exchange BSDEX und das Bankhaus Scheich. Auch einige Banken etablieren sich als Backend as a Service-Plattformen (BaaS). Die Solarisbank und das Bankhaus von der Heydt zum Beispiel stellen anderen Finanzinstituten die regulatorische und technologische Infrastruktur zur Verfügung, um ihren Kunden den Zugang zu Krypto-Assets zu ermöglichen.
Die TEN31 Bank, ein Unternehmen der voll regulierten deutschen WEG Bank, arbeitet seit Mai 2020 an der Zahlungsabwicklung zwischen digitalen Währungen und dem Euro.
Ende 2020 hat auch die Bank Hauck & Aufhäuser ihren Service als Verwahrer für Krypto-Assets und digitale Vermögenswerte gestartet.
Einige Fintech-Startups wie Bison App und Bitwala richten sich an Privatanleger und ermöglichen den Handel mit Kryptowährungen rund um die Uhr.
Alle diese Unternehmen bieten einen guten Einstieg für professionelle und private Investoren, die möglicherweise in Bitcoin und andere Krypto-Assets investieren wollen. Mit einer soliden regulatorischen Grundlage und mehr Akteuren können wir erwarten, dass 2021 ein interessantes Jahr für die junge Krypto-Branche sein wird.
Noch wenig Akzeptanz unter Bevölkerung und Investoren
Obwohl die aktuelle Regulierung für mehr Rechtssicherheit sorgt, ein vielfältiges Angebot seitens der Finanzdienstleister entsteht und der Bitcoin-Kurs rasant steigt, interessiert sich immer noch nur ein Bruchteil der Deutschen für die Kryptowährung. Dies zeigt eine Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom vom Dezember 2020. Lediglich zwei Prozent der über 16-Jährigen in Deutschland haben bisher in Bitcoin oder andere Kryptowährungen investiert. Fast jeder fünfte Befragte (18 Prozent) kann sich allerdings vorstellen, ein solches Investment in der Zukunft zu tun.
Die Mehrheit der Befragten ist skeptisch gegenüber Bitcoin und anderen Kryptowährungen eingestellt. Für zwei Drittel (66 Prozent) klingen Kryptowährungen immer noch zu technisch und kompliziert. Fast ebenso viele (65 Prozent) halten Kryptowährungen für zu spekulativ. Allerdings sagen auch 3 von 10 (30 Prozent), dass Kryptowährungen eine sichere Alternative zum etablierten Geldsystem sein können. Unter den Jüngeren zwischen 16 und 29 Jahren sind es sogar 43 Prozent. Und rund jeder vierte Befragte (28 Prozent) ist der Meinung, Kryptowährungen lohnen sich als langfristige Investition.
Nicht nur Privatanleger, sondern auch Investmentspezialisten sind vorsichtig, wenn es um Kryptowährungen geht. Sicherheitsbedenken, mangelnde Kontrolle durch die Zentralbanken sowie die hohe Volatilität sind die Hauptgründe dafür, dass professionelle Anleger in Deutschland Kryptowährungen eher skeptisch gegenüberstehen. Zu dieser Erkenntnis kommt der Verband der Investment Professionals in Deutschland (DVFA), der dazu 1.400 Mitglieder im Oktober 2020 befragt hat.
Offenbar gibt es bei der Akzeptanz von digitalen Vermögenswerten große Unterschiede zwischen den Generationen – junge Deutsche sind offener gegenüber Bitcoin & Co. Genau diese Zielgruppe bildet noch ein großes Potenzial für den deutschen Krypto-Markt. Die wachsende Regulierung und Professionalisierung der lokalen Krypto-Szene sowie die Unterstützung großer Unternehmen wie Paypal und (Staats-)banken weltweit werden auch die Akzeptanz von Kryptowährungen unter der deutschen Bevölkerung und Anlegern vorantreiben.
Energie und Digitale Identität – Bereiche von nationaler Bedeutung
Blockchain-Startups in Deutschland erstrecken sich über ein Spektrum an unterschiedlichen Anwendungsfällen und Branchen. Die Mehrheit der Startups konzentrieren sich allerdings auf den Finanzbereich (die wurden schon oben erwähnt), gefolgt von Branchen wie Unterhaltung, Digitale Identität, das Internet der Dinge (IoT) und Energie.
Der Energiesektor ist besonders innerhalb des deutschen Blockchain-Ökosystems im Jahr 2020 von großem Interesse. Dort werden die praxisorientierte Forschung und Entwicklung der Blockchain-Technologie vorangetrieben, unter anderem mit einem eigens dafür eingerichteten Pilotierungslabor, auch “Future Energy Lab” genannt. Die Anwendungsfälle reichen von einem Blockchain-basierten virtuellen Großspeicher für die Betreiber von Photovoltaik-Anlagen (Projekt Smart Service Welt II) bis zum Energiehandel über Blockchain-Technologie.
Ende August wurde die Webseite des “Future Energie Lab”, das von der Deutschen Energie-Agentur Dena betrieben wird, freigeschaltet. Das Projekt ist das virtuelle Dach für alle Energieprojekte in der Blockchain-Strategie sowie Anlaufstelle, Informations- und Vernetzungszentrum. Startups und Konzerne können sich über eine Mitgliedschaft aktiv am Lab und den diversen Pilotprojekten beteiligen.
Ein weiterer Bereich von nationaler Bedeutung ist die Digitale Identität. Sogenannte Self-Sovereign Identities (SSI), welche auch als dezentrale Identitäten auf Blockchain-Basis bezeichnet werden, versprechen eine Alternative, die eine größere Kontrolle für die Nutzer über ihre Daten und eine größere Datensparsamkeit im digitalen Zeitalter mit sich bringt. Zahlreiche deutsche Unternehmen wie Spherity (mit Swisscom Blockchain) und Initiativen wie Lissi arbeiten aktiv an dem Konzept. Auch die Bundesregierung fördert einzelne Pilotprojekte mit Millionensummen im Rahmen des Förderprojektes “Schaufenster Digitale Identitäten”, auch eine von vielen Maßnahmen der Blockchain-Strategie.
Bildung und Networking – auch in Corona-Zeiten
Doch nicht nur die Regierung, sondern auch die lokale Blockchain-Community bahnt den Weg für die Blockchain-Entwicklung in Deutschland. Die heimische Community besteht sowohl aus Fachleuten und Enthusiasten als auch aus Verbänden, wie etwa dem Blockchain Bundesverband Bundesblock, die European Blockchain Association oder BerChain. Alle haben das Ziel, Blockchain-Lösungen und Projekte in einer organisierten und systematischen Weise zu fördern.
Die deutsche Blockchain-Community ist mit etwa 150.000 Beobachtern groß (erhoben auf Basis der erweiterten Reichweitendaten von Facebook Audiences). Davon engagieren sich ca. 132.000 Mitglieder in Communities of Practice mit Blockchain-Bezug und sind in über 360 regelmäßigen Meetup-Gruppen aktiv. Es gibt mehr als 180 Blockchain-Startups, die in Deutschland gegründet wurden oder hier eine Niederlassung haben, wobei die meisten in Berlin ansässig sind.
Die Community fördert zusammen mit der Bundesregierung die anwendungsbezogene Forschung im Bereich Blockchain. Dazu gehören Anwendungen in der Wissenschaft (internationale bloxberg-Kooperation der Max-Planck-Gesellschaft) oder zum Teil in Kooperationen mit Unternehmen (wie im Rahmen des Fraunhofer Blockchain Labs). Die Privatuniversität Frankfurt School of Finance & Management hat ein Blockchain Center, wo eine akademische Ausbildung angeboten wird. Diese ist eines der wichtigsten Forschungszentren Deutschlands. Neben der Bildung und Forschung bietet das Blockchain Center eine Art Plattform für Manager, Startups, Technologie- und Branchenexperten zum Austausch von Wissen und Best Practices.
Master im Bereich Blockchain kann man am „Blockchain Competence Center“ der Hochschule Mittweida (BCCM) studieren. Außerdem bietet das BCCM regelmäßig Blockchain-Kurse an.
Neben der akademischen Ausbildung werden auch Konferenzen, Hackathons und Meetups veranstaltet (offline und online), wie die Blockchain Week Berlin, Crypto Assets Conference in Frankfurt (organisiert von Frankfurt School Blockchain Center); vielfältige Online-Meetups auf Eventbrite, zum Beispiel von Disrupt Network oder CryptoMonday.
Fazit: Gute Chancen für Deutschland als Blockchain-Hotspot
Insgesamt kann man sagen, dass die aktuelle krypto-freundliche Politik, umfangreiche Regulierung und die langsam aber stets steigende Akzeptanz der Blockchain-Technologie und Kryptowährungen Deutschland zu einem der wichtigsten Blockchain-Hotspots in Europa und weltweit machen werden.
Das deutsche Ökosystem von Startups wird vor allem von der aktuellen Blockchain-Strategie profitieren, da sie darauf abzielt, Innovationen zu fördern, Blockchain-Wissen zu verbreiten und zum Ziel des Landes beizutragen, eine in diesem Bereich weltweit führend zu werden. Auf dem Weg zu diesem Ziel werden dieses Jahr mehrere staatlich geförderte Projekte umgesetzt, wie zum Beispiel eine Blockchain-basierte Energiedatenbank zur Verfolgung des Stromverbrauchs, ein System zur Verifizierung von Bildungsabschlüssen und ein Smart-Contract-Register mit der Deutschen Energie-Agentur. Die auch wichtigste Initiative im Land ist ein landesweites digitales Identitätssystem, bei dem der Fokus darauf liegt, persönliche Daten sicher zu halten und Datenintegrität zu gewährleisten.
2021 wird spannend: neue Blockchain-Projekte von der Regierung und Großunternehmen sind geplant, zuverlässige Finanzdienstleister und Banken werden die Krypto-Lizenz der Bafin und somit Zugang zum deutschen Krypto-Markt bekommen und infolgedessen werden mehr deutsche Klein- und Großanleger den Krypto-Markt endlich ernst nehmen.
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